Du kannst erwachsene nicht verändern - nur dich selbst
Das Wort Enttäuschung hat einen tiefen, traurigen Klang. Ganz anders als das Wort Neuanfang. Dabei ist eine Enttäuschung immer das Ende einer Illusion und somit der Anfang von einer neuen Phase - und mit ein wenig Veränderungswillen kann diese neue Lebensphase dir
wieder Lebensfreude bringen.
Ent-Täuschung, wie Ent-Mineralisierung, Ent-Warnung, Ent-Schärfung: etwas wird von entwas anderem ent-bunden, getrennt, etwas hört auf, also: die Täuschung hört auf.
Heute geht es nicht um Ende einer Beziehung, sondern, wie man eine Beziehung vielleicht retten kann.
Nach einer Enttäuschung liegt es an dir, wie du die Zukunft gestaltest und das bedeutet, du musst nicht nur wissen, was du willst,
sondern auch lernen, deine Vorstellungen so zu äußern, dass seine Mitmenschen richtig verstehen, was du von ihnen erwartest. Und sie müssen erkennen, dass es für
sie Vorteile bringt, sonst ändert sich das Verhalten von Erwachsenen nicht.
In meine Praxis für Psychotherapie in Hannover-Döhren kommen immer wieder Menschen, die wissen wollen, wie sie ihren Partner verändern können.
Am Ende des Textes kommen einige Beispiele, wie es gelingt, Erwachsene zu verändern, aber im Mittelteil müsst Ihr durch einige unangenehme Wahrheiten über Verhaltensänderungen durch.
Zunächst geht es darum:
Einen Wunsch zu äußern ist besser als eine Bitte
Du hast dich also vielleicht getäuscht in der Annahme, dein Gegenüber oder dein Team würde dieses oder jenes so machen, wie du dir das vorgestellt hast. Und bist furchtbar enttäuscht.
Was nun?
In der NLP (Neurolinguistische Programmierung) gibt es das Konzept, eine Bitte zu äußern, um jemanden dazu zu bringen, das zu tun, was man will. Höflich und neutral. Das klingt zunächst, als wäre es das Selbe, wie einen Wunsch zu äußern.
Ich lege aber Wert auf den feinen Unterschied: die Methode, seine Wünsche zu äußern, gibt deinem Gegenüber das Gefühl, es hätte die Freiheit, selbst zu entscheiden.
Einen Wunsch zu erfüllen, fällt Menschen leichter, als eine Bitte, weil eine Bitte oft genauso empfunden wird wie ein Befehl, nur
nicht so zackig - und ebenfalls Widerstand oder Trotz auslöst. Mütter und Väter wissen, was ich meine.
Dein Gegenüber steht bei einer Wunschäußerung also vor der freien Wahl, ob es dir eine Freude machen möchte, wenn es dir diesen oder
jenen Wunsch (gegen seinen eigentlichen Willen) erfüllt, zum Beispiel im Fahrstuhl nicht zu rauchen, regelmäßig den Müll raus zu bringen oder nächstes Mal in die Berge zu fahren und nicht ans Meer: "Ich wünsche mir, dass wir
nächstes Mal in die Berge fahren" klingt deutlich anders als "Bitte lass uns in die Berge fahren."
Merkt Ihr, was ich meine? Eine Bitte empfindet der Hörende als einmalige Aufforderung. Einen Wunsch dagegen als länger währende
Möglichkeit, dich zufrieden zu stellen: Bei einer Wunschäußerung bleibt der Ball erst einmal bei dir und dein gegenüber hat die Wahl, ihn anzunehmen oder nicht.
"Bitte bring den Gelben Sack immer Mitttwochs abends raus" klingt deutlich mehr nach Aufforderung als "Ich wünsche mir, dass du mich
im Haushalt entlastest und jeden Mittwoch um 21
Uhrden gelben Sack runterbringst."
Wie wichtig KONKRETE Wünsche sind, wird weiter unten noch etwas ausführlicher erklärt.
Enttäuschung ist persönliches Pech
Niemand interessiert es, ob du enttäuscht bist, aber jeden interessiert es, ob deine Enttäuschung KONSEQUENZEN für ihn haben könnte.
Ich definiere Enttäuschung als die Lücke zwischen Erwartung und tatsächlicher Leistung. Wenn ich also 50 Prozent Mithilfe im Haushalt erwarte und der Rest der Familie nur zu 0,5 % leistet, dann bin ich zu 49,05% enttäuscht.
Aber ich wäre auch eine Idiotin, weil ich eine völlig unrealistische Erwatungshaltung hätte. Bevor wir uns wünschen, dass andere sich verändern, sollten wir
zunächst über unsere Erwartungshaltung nachdenken. Wir haben unsere Partner, Kinder oder Kollegen und Chefs vielleicht idealisiert und erwarten ZU VIEL von ihnen. Wenn wir diesen Fehler
korrigiert haben, kann es weitergehen:
Lerne, anderen etwas beizubringen
Wenn wir enttäuscht worden sind, wollen wir, dass unsere Mitmenschen sich zukünftig bessern und ihr Verhalten ändern. Das ist eine wirklich sehr schwierige Aufgabe.
Wir brauchen für die richtige Herangehensweise Klarheit über verschiedene Punkte:
1. Jugend
Das Verhalten von jungen Menschen kann man noch halbwegs beeinflussen, das von Alten kaum. Dass auch Erwachsene sich verändern, ist nicht ausgeschlossen, aber es
ist entweder mit Schmerzen verbunden oder mit Verliebtheit oder mit Geld.
2. Freude bzw. Lebensfreude
Willst du, dass etwas erledigt wird oder willst du dass etwas GERNE erledigt wird? Willst du, dass dein Mitmensch Freude bei der neuen Ausübung verspürt oder ist dir das egal?
Wenn dir reicht, dass du deinen Willen durchsetzt, kannst du den Druck erhöhen oder du bezahlst sie dafür.
Wenn dein Gegenüber deine Wünsche aber GERNE erfüllen soll, muss es den tieferen Sinn dahinter verstehen und das Ziel haben, dich dauerhaft zufrieden zu sehen. Du
kannst es natürlich trotzdem bezahlen.
3. Didaktik
Kannst du den Idealzustand, den du dir wünscht, lehren?
Denn du es gut erklärst, dann können deine Mitmenschen verstehen, was du meinst und sich auch nicht daran halten.
Oder du bezahlst sie dafür.
4. Geduld
Beim ersten Mal klappt es sowieso nicht. Du solltest viel Geduld haben und immer wieder genau erklären, wie man etwas richtig macht. Man sagt: Redundanz ist die
kleine Schwester der Didaktik und da ist was dran. Gib einfach nicht auf und kalkuliere Rückschläge mit ein.
Oder du bezahlst sie dafür.
5. Vorbild
Wenn du selbst deinen eigenen Weisheiten zuwider handelst, nimmt dich keiner Ernst und deine Mitmenschen werden nicht einsehen, etwas zu tun, das du nicht mal selbst machen würdest. Es sei denn, du bezahlst sie dafür.
Menschen verändern sich nicht ohne einen Grund
Alles Folgende bezieht sich auf gesunde Menschen, die Veränderungen bei anderen gesunden Menschen erreichen wollen - und wie das geht. Erkrankungen sind explizit ausgenommen. Für Gesunde können wir uns aus dem reichen Wissenschatz aus Didaktik, Pädagogik, Psychologie und Zirkuspferde-Dressur bedienen.
Grundsätzlich mögen Erwachsene strukturelle Veränderungen nicht besonders gern. Das bedeutet nicht, dass sie nicht auch mal etwas Abwechslung im Alltag mögen, sondern, dass Sie bei grundsätzlichen Abläufen, Strukturen, Funktionen die Sicherheit lieben, die ihnen diese Routinen vermitteln.
Das sieht man zum Beispiel daran, dass viele Menschen ihre Arbeit hassen, aber Angst vor Jobverlust haben. Denn die Veränderungen, die damit verbunden sind, sind
strukturell, existentiell und tiefgreifend. Wir verlassen uns lieber auf bisher Erprobtes und je älter wir werden, umso "ungerner" probieren wir Neues aus.
Verhaltensränderungen sind aber Resultate aus Gelerntem.
Neu-Gelerntes verändert unseren Blick auf die Dinge - und weil wir nun schlauer geworden sind, machen wir fortan Dinge anders. Wir verändern also unser Verhalten,
weil wir unser Denken verändert haben. Die gute Nachricht ist also: Erwachsene können sich doch verändern. Die schlechte Nachricht lautet: je älter (an Jahren oder im Geiste) jemand ist, desto
schwieriger und langwieriger wird das.
Auch Erkrankungen führen zu Persönlichkeits-veränderungen, aber darum geht es heute nicht. Jemanden mit einer Persönlichkeitsstörung kann man nicht verändern, solche gelten als unheilbar.
Im Folgenden werden Normalzustände im Verhalten unserer Mitmenschen beschrieben, die uns im Alltagsleben enttäuschen oder aufregen, sodass wir eine Verhaltensveränderung bei ihnen erreichen wollen.
Meinen Spruch, dass wir NIEMANDEN verändern können außer uns selbst, kennen die meisten von
Euch ja bereits.
Aber natürlich ist es legitim, an die Mitglieder einer Familie oder seine Mitarbeiter und Kollegen in
der Firma gewisse Erwartungen zu haben, denn wir bilden alle zusammen ein Team, das gut funktionieren muss, damit alle fröhlich und gesund bleiben.
Niemand kann von Anfang an Wünsche von den Augen ablesen!
Du musst dich nur von der Vorstellung verabschieden, dass einer etwas anders macht, ohne dass
du es ihm oder ihr klar und deutlich sagst, bzw. beibringst. Und du musst zuerst selbst etwas ändern, bevor du erwarten kannst, dass die anderen etwas ändern.
Das gilt auch in Gruppen aller Art, wie Arbeitsgruppen, Sportmannschaften, Musikbands und alle Systeme, in denen Arbeitsteilungen, Aufgaben und Prozesse wirken:
"Verrückt ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten." Das soll Albert Einstein gesagt haben, was aber nirgends belegt ist. Wer auch immer diesen Spruch geprägt hat, war aber auf jeden Fall sehr klug.
Wichtig ist, um Verhaltensänderungen bei anderen zu erreichen (bitte verzeiht, wenn ich hier ausnahmsweise mal "Muss-Sätze" verwende):
1. Du musst etwas anders machen
2. Du musst deine Wünsche und Erwartungshaltungen klar und deutlich äußern (in der Arbeitswelt nennt man das "Briefing")
3. Du musst damit rechnen, dass es nicht beim ersten Mal klappt
4. Du musst stets konsequent bleiben
Problemanalyse
Bevor also jemand anderer sein Verhalten ändern soll, musst du logischerweise erst einmal dein eigenes Verhalten analysieren und selbst eigene Verhaltensänderungen ausprobieren.
Und da geht es schon los. Vielleicht ist es gar kein Problem des Teams, sondern nur deine eigene Eitelkeit, deine eigene Unzulänglichkeit, deine eigene Kontrollwut, mangelnde Impulskontrolle, dein innreres Kind, deine Faulheit oder etwas anderes, das allein dein Problem ist?
Vielleicht bis sogar du das Problem und tyrannisierst deine Familie, dein Team, dein Büro? Das erkennt
man daran, dass es STÄNDIG und IMMER WIEDERKEHREND die gleichen oder ähnliche Probleme gibt: Bei der Arbeit äußert sich das nicht unbedingt als ständiger Streit, sondern eher noch in Form
von ungewöhlich hohen Abwesenheitszeiten, Krankmeldungs- und Kündigungsraten.
Wenn du als Chef unfähig bist, dich zu verändern und damit selbst das Prolem bist, frage dich, ob die anderen nicht vielleicht besser zurecht kämen, wenn du sie nicht immer stören würdest.
(Wer mehr über agilen Führungsstil und seine Erfolgschancen lesen will, klicke
hier)
Sollte nach ehrlicher und selbstkritischer Analyse und nach vielen, geduldigen Versuchen, dich selbst zu ändern, keine Verhaltensänderung der anderen erreicht worden sein und sich nichts gebessert haben, dann gibt es noch weitere Methoden.
Zuckerbrot oder Peitsche - wie Menschen am besten etwas Neues lernen
Tausende Studien haben ergeben, dass Menschen durch positive Verstärkung neues Verhalten annehmen. Das bedeutet durch Belohnung. Negative Verstärkung, also Strafen,
funktionieren auch, aber längst nicht so gut. Was hast du davon, wenn Kinder, Mitarbeiter oder Schüler gehorchen, dich aber im Gegenzug verachten? Wenn du also kein Faschist bist, dann bist du
hoffentlich ein guter Lehrer oder eine gute Lehrerin. Du verursachst Verhaltensänderungen, weil du das Denken deiner Schützlinge veränderst.
Kinder kann man erziehen, Erwachsene nicht
Allein schon am Begriff Erziehung kann man erkennen, dass es etwas mit Ziehen, Zerren, Zwang zu tun haben kann. Heute sieht man es eher wie das Biegen eines jungen,
elastischen Apfelbäumchens, das eine bestimmte Richtung wachsen soll, zum Beispiel an einem Spalier entlang und nicht wie ein wilder Baum im Wald, der in alle Richtungen wachsen darf. Dieses
Spalier sind unsere gesellschaftlichen Normen. Und zu denen gehören Ordnung und Sauberkeit, Pünktlichkeit, Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein und so weiter. Die einen springen darauf
schneller an, die anderen langsamer. Manche Mitarbeiter muss man enger führen, manche lockerer.
Unterschied zwischen äußerem Zwang und innerer Veränderung
Wenn du beispielsweise deine Kinder zwingst, etwas zu tun, was sie nicht wollen, dann erziehst du sie mit verschiedenen Methoden zu Sauberkeit und Ordnung und
Pflichtgefühl u.s.w. Geht es zum Beispiel darum, den Müll rauszubringen, gibt es folgende Möglichkeiten, deinen Willen bei Kindern durchzusetzen:
- Methode A: Du hörst auf, die anzuschreien, sobald sie gehorchen
- Methode B: Du versprichst ihnen ein leckeres Abendessen, wenn sie gehorchen
- Methode C: Du legst sie in Ketten, wenn sie nicht gehorchen
- Methode D: Du verschenkst ihr Spielzeg an die Nachbarskinder, wenn sie nicht gehorchen
- Methode F: Du bringst Ihnen die Vorteile einer vernünftigen Arbeitsteilung und Hygienemaßnahmen im Haushalt näher, also den Sinn von Sauberkeit und Ordnung und vielleicht überzeugst du sie zusätzlich auch noch von deinem ästhetischen Konzept.
Die Methoden A bis D arbeiten mit Verstärkern, sie funktionieren auch bei Tieren, zum
Beispiel in der Zirkusdressur. Die Tiere lernen, dass sie etwas Leckeres bekommen, wenn sie etwas gut machen. Das funktioniert sehr gut. Tiere und Kinder zu bestrafen, wenn sie etwas falsch
machen und womöglich ihren Willen zu brechen, funktioniert auch, aber dieses Ziel verfolgen heutzutage nur noch Idioten. Abgesehen vom niedrigen ethischen Wert, muss man das Dressur-Objekt
ständig kontrolieren, damit es nicht ausbricht, angreift oder erkrankt.
Verstärkung ist ein Begriff aus der Verhaltensbiologie und der Psychologie, speziell aus dem Behaviorismus.
-
Methode A ist eine negative Verstärkung, also die Wegnahme von etwas Schlechtem und damit so etwas ähnliches wie eine Belohnung.
- Methode B ist eine positive Verstärkung, also das Zufügen von etwas Gutem, also eine richtige Belohnung.
- Methode C ist das Zufügen von etwas Schlechtem und Methode D ist die Wegnahme von etwas Gutem, also beides Strafen.
- Methode F nicht gehört gar nicht mehr richtig in die Verhaltenspsychologie, sondern in den Bereich Persönlichkeitsentwicklung.
Viele denken, dass sie dieses oder jedes ja wohl von einem erwachsenen Partner ERWARTEN können. Aber die Erfahrung zeigt: Nein.
Kannst du nicht. Heute kannst du noch nicht einmal erwarten, dass dir einer die Tür aufhält. Das liegt daran, dass Regeln nicht allgemeingültig sind, sondern immer nur auf ein bestimmtes System
beschränkt bleiben. Und dein Partner hat vielleicht diese Regel nie gelernt.
Dein Partner möchte doch auch, dass du dich wohlfühlst
Am besten machen beide Seiten frühzeitig vernünftige Regeln aus. Die Zeit, in der Autoritäten alles bestimmt haben und Untergebene
alles erfüllen mussten, sind vorbei. Hoffentlich. Aber früher war nicht alles schlecht. Zum Beispiel nicht alle so genannten guten Manieren. Die berühmte Jugend von heute kennt die Regeln aus dem
vorletzten Jahrhundert nicht. Meistens ist das auch okay, aber manchmal stört dieses Unwissen das Zusammenleben.
Ich finde es zum Beispiel gut, dass kleine Mädchen keinen Knicks mehr machen müssen, aber es ist gesellschaftlich ein deutlicher Rückschritt, wenn niemand dem anderen mehr die Tür aufhalten würde. Viele Erwachsene machen nur was sie wollen und womit sie durchkommen, möglichst auf dem Weg des geringsten Widerstands. Die meisten wollen heute eben lieber schnell durch die Türe huschen. Sie haben nicht gelernt, dass es Vorteile haben könnte, einen guten Eindruck zu hinterlassen, bzw. als "wohlerzogen" zu gelten.
Im Gegenteil, manche vermitteln mir das Gefühl, als würden sie denken, wer nicht spontan seinen Vorteil nutzt, wäre der Depp: Schneller an die Kasse zu huschen, zum Beispiel.
Als gute Manieren noch zur Erziehung gehörten, musste niemand groß über Sinn und Zweck nachdenken, man hat es halt gemacht, damit es keinen Streß gibt und irgendwann gingen die Manieren in Fleisch und Blut über.
Heute ist das nicht mehr so und es hängt vom individuellen Verantwortungsbewusstsein, Pflichtgefühl und Klugheit ab - und ob
die Induviduen die Regeln der Höflichkeit überhaupt kennen und GELERNT HABEN.
Regeln kann man auch im Alter noch lernen
Oft höre ich, dass Männer denken, es würde der Emanzipation der Frauen widersprechen, wenn sie ihnen die Tür aufhalten. Es soll
Frauen geben, die sagen "Das kann ich alleine" - das ist natürlich Quatsch. Statt dass Männer aufhören, Frauen gegenüber höflich zu sein, sollten Frauen anfangen, Männern gegenüber höflich zu
sein, wenn sie es bis jetzt nicht waren. Alles andere wirft uns als Gesellschaft kultivierter Menschen in die Barbarei.
Jetzt denkst du vielleicht: "Mist, alles was die Eltern meines Partner/meiner Parterin versäumt haben, muss ich aufholen". Aber du irrst dich. Erwachsene kann man nur extrem schwer erziehen: Die Eiche hat ihre Äste in alle Richtungen ausgebreitet und wenn du solch eine unerzogene Eiche erwischt hast, dann muss du eben jetzt mit dieser eigenartig gewachsenen Eiche leben. Eine meiner Freundinnen sagte einst höchst unwissenschaftlich: "Männer kann man erziehen höchstens bis sie 33 Jahre alt sind".
Die Erfahrung gibt ihr Recht - vielleicht sind Durchschnittsmänner tatsächlich erst mit 33 Jahren erwachsen, da gibt es leider keine Studien drüber und auch, wenn
der gesunde Menschenverstand ihr Recht geben mag: Ausnahmen bestätigen natürlich auch diese Regel immer wieder. Zum Glück. Und es es gibt natürlich auch Frauen, die keine Ahnung von gutem
Benehmen haben.
In sehr seltenen Fällen verändern sich Erwachsene: Wenn man sie zwingt oder wenn sie etwas Neues, Besseres erlernt haben von selbst (oder wenn sie eine
existentielle Erfahrung gemacht haben, darauf gehen wir ein anderes Mal ein).
Aber bei vielen gesunden, ERWACHSENEN Durchschnittsmenschen in unserer Kultur ist die Lernbereitschaft gering, es sei denn, es handelt sich um einen frisch
verliebten Menschen. Nur in diesem Zustand nimmt er Wünsche war und ist pro aktiv bereit, sie zu erfüllen. Leider hält dieser Zustand nicht lange an.
Ein normales Durchschnittsexemplar antwortet bei Unordnung und Staub in der Regel: "das stört mich nicht". Und das stimmt auch. Wenn dieser Mensch es als störend
empfinden würde, würde er ja etwas dagegen tun. Er nimmt es tatsächlich überhaupt nicht wahr und empfindet keinerlei Nachteile. Und er nimmt an, der Rest der Menschheit würde das auch nicht und
versteht gar nicht, was du von ihm willst. Ihn nervt eher dein Nörgeln und nicht seine Unordnung. Und nun beginnt der Machtkampf: Wer setzt sich durch?
Der eine Partner nörgelt, der andere zieht sich zurück. Das ist ein typisches Muster,
ein alltäglich tausendfacher Teurfelskreis, in dem enttäuschte Paare sich gegenseitig gefangen halten (vgl. Watzlawick)
Daraus kann man ausbrechen, wenn man mal etwas anders macht: Setzt Euch zusammen, schaut Euch in die Augen, formuliert Eure Erwartungshaltungen und einigt Euch auf
Regeln.
Erst wenn dein Gegenüber hört: "Ich wünsche mir, dass du bis 15 Uhr den Müll rausbringst", versteht es, was von ihm erwartet wird. Das heißt aber noch lange nicht,
dass es sie erfüllt. Es kann auch sein, dass dieser Mensch erst einmal testen möchte, wie wichtg es dir wirklich ist. Ein gewöhnlicher, gesunder Durchschnittsmensch muss einen Vorteil wittern, um
etwas wunschgemäß zu erledigen, dessen tieferen Sinn er noch nicht von alleine kapiert. Du musst ihm also entweder Sanktionen androhen (negative Verstärkung) oder Belohnung (postive Verstärkung)
und du musst das auch konsequent durchhalten.
Oder du musst ihm den tieferen Sinn dieser Aufgabe erklären und ihm helfen, es zu verstehen, zu verinnerlichen und zu üben.
Dir wäre ein Exemplar lieber, das deine Wünsche von sich aus kapiert und umsetzt, ohne, dass due das erklären musst? Entschuldige, dass ich lache, aber
wenn du ein lieber ein anderes Exemplar hättest, dann musst du dir ein anderes suchen.
Verträge macht man, damit man sich verträgt
Wenn du an einen normalen Durchschnittsmenschen gerätst, sei schlau und verhandle klare und deutliche Vertragsbedingungen, bevor du dich an ihn bindest.
Das Problem sind die ersten drei Monate
Üblich ist, dass Ihr Euch in der ersten Verliebtheit auf lauter Wunscherüllungen einlasst und so Eurem Gegenüber vorspielt, Ihr seid ein großer unwiderstehlicher
Wunscherfüller. Also müsst Ihr natürlich auch bei Eurem Gegenüber einkalkulieren, dass nicht einmal die Hälfte später im Alltag dann noch da ist. Wir spielen uns in der Balzphase etwas vor, um
den anderen rumzukriegen. Das wisst ihr doch.
Formuliere unbedingt in dieser Phase klare, leicht zu verstehende Regeln. Je klarer du dich ausdrückst, umso besser kannn dieser Mensch dich verstehen und lernen,
wie man mit dir ein gutes Verhältnis entwickelt. Und verstell dich nicht. Sei nicht nachgiebiger, aktiver, toleranter, experimentierfreudiger als im Alltag. Sei so, wie du den Rest Eures
gemeinsamen Lebens bereit bist, zu sein. Sei einfach möglichst ehrlich.
Klare Ansagen und klare Arbeitsteilung
Eine Freundin sagte beispielsweise zu ihrem Freund: "Der Hund schläft im Bett und ich will später mal Kinder und und wenn dir das nicht passt, wird nichts aus uns." Klasse!
Bitte achtet bei solchen mündlichen "Vertragsverhandlungen", dass nicht mehr als ZWEI Bedingungen darin vorkommen, mehr kann sich ein normaler Durchschnittsmensch nicht merken. Alles, was komplexer ist, musst du tatsächlich schriftlich formulieren, auch wenn dir das jetzt blöd vorkommt. (Auf den tatsächlichen Vertrags-Charakter einer gut funktionierenden Beziehung werde ich gerne an anderer Stelle noch einmal genauer eingehen. )
Oder anders ausgedrückt: Wenn du eine alte Eiche erwischt hast, musst du die Äste dieses störrischen Baumes abschneiden, die dich stören, denn ein normaler Durchschnittsmensch kann sich genausowenig ändern, wie eine alte Eiche. Oder du lernst, diese große alte Eiche so zu akzeptieren, wie sie ist und arrangierst dich mit den störenden Ästen.
Beides ist mit Schmerzen verbunden. Willst du das wirklich? Vielleicht ist es besser, wenn du dir eine andere Eiche suchst, die
besser gewachsen ist? Oder eine junge Eiche, die du noch selber formen kannst?
Überleg es dir. Entweder du kämpfst oder du gibst auf oder du lernst zu lieben, was ist. Aber nörgeln, unglücklich sein, krank
werden, löst das Problem nicht, sondern macht es Jahr für Jahr nur noch schlimmer.
Wenn du selber eine alte Eiche bist und dich auch nicht verändern kannst, dann solltest du auch lernen, damit zu leben und zu lieben,
was ist, sonst machst du dich kaputt.
LIEBE WAS IST
Beispielsweise hat eine andere Freundin ihren Mann von allen Tätigkeiten im Haushalt entbunden. Sie hat ihre genauen Vorstellungen,
wie man etwas richtig macht und weil er das nicht kann, macht sie eben einfach alles selbst. Sie erhebt keine Vorwürfe, sie nörgelt nicht, sie jammert nicht und sie lässt ihn auch weiterhin
überall seine Sachen fallen lassen, ohne zu murren. Sie räumt fröhlich pfeifend hinter ihm her, weil sie ihn liebt, wie er ist und weil sie für sich selbst erkannt hat, dass ihre Ehe so glücklich
bleibt und der Alltag schneller, reibungsloser und besser gelaunt verläuft.
Merke: Sie schluckt das nicht unter, sondern sie sieht es ungefähr so: So ist er halt, der süße Knuddel, das gehört zu seiner nicht ganz perfekten Persönlichkeit und diesen einen unperfekten Teil kann ich akzeptieren, weil der Rest an ihm wundervoll ist. Hinter ihm herzuräumen ist eben der Preis für dieses Prachtexemplar, den zahle ich gerne.
Ihr denkt jetzt: "ja klar, man läßt ihn faul und unordentlich sein und die Ehe ist gerettet, auf meine Kosten, zurück in die 1960er?" - das kann man so sehen. Es ist wirklich wert, diesen Gedanken mal auf sich wirken zu lassen. Und ich überlege ein Seminar zu diesem Thema anzubieten, wenn Ihr Interesse habt, sagt Bescheid.
Worauf ich aber hinauswollte ist: Irgendwann hat dieser unglaublich sympathische Mann realisiert, wie positiv sich das aufopferungsvolle Konzept seiner Frau auf ihrer beider Wohlbefinden auswirkt und um seine Frau gücklich zu machen und sie vor Überanstrengung zu schützen, fragt er sie bei jeder Gelegenheit, was sie sich wünscht und er bemüht sich, ihr ihre Wünsche zu erfüllen, weil er mit ihr gesund alt werden möchte. Trotz allem ist er zwar bis heute nicht in der Lage, seine Socken in den Wäschekorb zu werfen, aber so what?
Und was ist, wenn man sich nicht einigen kann?
Dann gibt es nur nur zwei Möglichkeiten: Ihr lebt unharmonisch weiter oder Ihr müsst Euch trennen.
Love it
change it
or
leave it...
or
LOVE IT
Wie immer gehe ich auf Klischees ein und es gibt zahlreiche fabelhafte Ausnahmen, die völlig anders funktionieren.
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